Über die sogenannte „Urschöpfung“ meiner Vampirsaga FÜR IMMER UND EWIG, JOSEPHINE! habe ich früher bereits andernorts eifrig geschrieben. Doch wie entstanden die Charaktere? Gab es Vorbilder? Lebende Menschen vielleicht, die als Vorlage dienten?
Als ich mich zum Schreiben hinsetzte, waren da nur zwei Dinge in mir. Dieser seltsame, sinnlose „Traum“ und meine – unerfüllte – Sehnsucht nach einer gewissen Vampirwelt, die ich als Autor nicht betreten durfte (Als Leser zum Glück sehr wohl). Nichts liegt mir ferner, als etwas kopieren zu wollen, dazu ist mein Anspruch an „Echtheit“ viel zu groß. Und doch ergab es sich am Anfang des Schreibens, dass ich unbewußt Grundcharaktere schuf – sozusagen „Skelette“ von Persönlichkeiten – die ich später mit eigenem Leben und eigenen Ideen aufzufüllen gedachte.
Später, als sich die Geschichte langsam entwickelte – immer im pechschwarzen Raum, in dem ich mich vorantastete – entdeckte ich erst, welche Charaktereigenschaften meine Personen besaßen und dass sie sich in vielem von dem unterschieden, was mich zuerst, unbewußt, überhaupt zum Schreiben animierte.
Beryll Lennart. Er ist eine reine Kunstperson. Bei seiner Erschaffung hatte ich keinerlei Vorbild. Nichts. Da es im gesamten Universum keinen Mann gibt, der 1:1 so ist, wie das Idealbild meines „inneren Mannes“, konnte ich mich bei Beryll voll entfalten. Ich verlieh ihm aber nicht nur gute und ideale Züge, wie unverbrüchliche Liebe und Treue, sondern auch unangenehme, fast peinliche Eigenschaften, wie seine Autoritätshörigkeit gegenüber den Altvorderen und seine Ungeduld und Arroganz. Immer wieder höre ich, dass manche Frauen nicht ganz mit Beryll einverstanden seien. Ein Umstand, der mir über die Maßen gefällt, denn einen abgehobenen Helden zu schaffen oder das Klischee eines zeitgeistigen jungen Mannes, war nie mein Bestreben. Beryll entwickelt sich im Laufe der Saga, manchmal sogar zu meiner eigenen Verwunderung. Er ist sehr präsent, sehr lebendig und vor allem ist er ganz und gar MEIN. Und das für immer und ewig.
Benjamin Lennart. Ein wenig ist Josie auch in Berylls Vater Benjamin, verliebt, was sich von der ersten Begegnung an zeigt. Benjamin ist die reifere und abgeklärtere Version seines Sohnes und besitzt die Führungseigenschaften eines altbiblischen Patriarchen, ohne jedoch jemals das Mass für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit zu verlieren. Er gleicht in keiner Weise demjenigen, der sein „Skelett“ darstellte. Jener ist zwar ebenso gütig, aber schwach und ohne Charisma. Ich hoffe mein Benjamin besitzt mehr davon.
Noel Lennart. Sie ist – zugegebenermaßen – der schwächste Charakter meiner Saga. Obwohl ich sie hochverehre und eine wundervolle Frau finde, mütterlich und tüchtig und gefährlich zugleich, schaffe ich es nicht, ihr mehr Profil zu verleihen. Das liegt möglicherweise (psychologisch betrachtet) daran, dass mir die Schönheiten einer Mutter-Tochter-Beziehung versagt blieben und ich kein Herzensbild einer Mutter in mir finden kann. Möglicherweise ist sie aber einfach nur ebenso profillos geblieben wie ihr „Skelett“. Doch man sollte niemals „nie“ sagen, die Saga geht ja schließlich weiter …
Anabel Bartolini Lennart. Ich liebe sie. Sie ist meine ganz persönliche Göttin. Bei keiner anderen Charakterentwicklung, außer natürlich bei Beryll, gab ich mir soviel Mühe, wie mit Anabel. Sie steht mir so nahe, wie die beste Freundin, die liebste Tochter und – möglicherweise – sogar eine große Schwester. Anabel ist ganz und gar meine Schöpfung und mit niemand Bekanntem vergleichbar.
Ricarda Iwanow Lennart. Was mit einigem Widerwillen begann ( ich mochte Ricci zuerst überhaupt nicht und hielt sie für oberflächlich und klischeehaft) erwuchs später zu einer innigen Freundschaft. Je besser ich sie kennenlernte, desto mehr gefiel mir die – unter ihrem fröhlichen Wesen – verborgene Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit und ihre Güte, die nicht einer mütterlichen Ader entspringt, sonderm eher aus einer kameradschaftlich sachlichen Quelle gespeist wird. Ich bin mir nie sicher, ob ich sie nicht doch ebensosehr liebe, wie Anabel.
Eric Lennart. Er braucht nicht viel Persönlichkeit zu haben. Eric ist einfach nur schön, unkompliziert und gutherzig. Er sieht aus wie ein Gott, eigentlich ganz genau wie Chris Hemsworth ;-) und ist der liebste Bruder und Schwager, den ein Mensch – oder Vampir – sich nur wünschen kann.
Paolo Lennart. Ich mag Paolo. Er ist eine simplifizierte Ausgabe Berylls, ohne dessen Tiefgang und ohne dessen Ecken und Kanten. Mit ihm zu leben, muß sehr einfach sein (und langweilig). Josie liebt es, ihn anzusehen, um die Ähnlichkeiten zu vergleichen … und die Verschiedenheiten. Auf Paolo ist immer Verlass. Es ist schön, mit ihm in ein und derselben Familie leben zu dürfen.
Serrano Bartolini. Wer möchte nicht einen Onkel und Schwager haben, der das typisch Italienische in sich trägt und trotzdem so ein patenter Kerl ist, das er mit arroganten Engländern und Franzosen zusammenleben möchte (Noel stammt ursprünglich aus Frankreich, Benjamin aus England.) Er ist der gute Onkel, den ich nie hatte und den doch jeder gerne in seiner Familie hätte. Als kämpfender Aldorit ist er jedenfalls nicht zu unterschätzen.
Stephen Ivanow. Eine knifflige Sache. Der, der das „Skelett“ für Stephen bildete, war mein absolutes Hassobjekt, den ich immer überlas oder übersah, so uninteressant war er für mich. Es war nicht einfach Stephen mit Leben zu erfüllen. Doch im Verlaufe der Geschichte, zeigten sich an ihm immer mehr interessante Charaktereigenschaften – bis ich mich zuletzt richtiggehend in ihn verliebte. Er ist der Ruhepol der Familie Lennart, derjenige zu dem ich als Erstes laufen würde, wenn ich Probleme hätte. Seinen Rat würde ich sogar noch dem Benjamins vorziehen.
Über die weiteren Charaktere der Geschichte hier zu schreiben, wäre kontraproduktiv, denn viele davon tauchen erst in den späteren Bänden auf. Erwähnenswert sind noch die drei Freundinnen Josephines. Alle drei „Skelette“ sind meine widergespiegelten Freundinnen. Zwei davon durften sich sogar ihre Namen selbst aussuchen. Im Verlaufe des Schreibens änderte ich jedoch ihre Namen nach eigenem Gutdünken um, da sich in meinem privaten Bereich etwas ereignete, das mir diese „Vergünstigung“ unverdient erscheinen ließ und jene Freundin, die am schlechtesten wegkommt, hat es nicht verdient, mit ihrem echten Namen genannt zu werden. Daher finden sich in den älteren Versionen meines ersten und zweiten Bandes, die vielleicht noch kursieren, andere Namen, als in den späteren Ausgaben.
Vielleicht noch eine Anmerkung zur Person der Josephine Lennart.
Eine meiner Kritikerinnen schrieb, dass Josie „vollkommen unglaubwürdig sei und unrealistisch“. Das ist sehr amüsant zu lesen, denn ausgerechnet Josephine ist der EINZIGE Charakter in meiner Vampirsaga, der fast 1:1 einem realen Menschen nachempfunden ist. Bloß, dass die „echte Josie“ etwas weniger weise und viel, viel ungeduldiger und zorniger ist, als ihre Schwester – die Romanfigur.
So viel zur – hoffentlich noch viele Bände umfassenden – Vampirsaga, die seit 2018 unter einem neuen Namen läuft: SORAILS ERBEN
Abschließend kann ich nur sagen, dass ich – obwohl ich nunmehr schon fünf, bald schon sechs andere, unabhängige Romane geschrieben habe, keinen davon so sehr liebe, wie Idee, die Handlung und die Figuren von
SORAILS ERBEN (FÜR IMMER UND EWIG, JOSEPHINE)
Es wäre genau DIE Welt, in die ich jederzeit, ohne auch nur eine Sekunde lang zu zögern, hinübersteigen würde, so es sie in einem Paralleluniversum tatsächlich gäbe: Geschöpfe, die weiser sind und klüger als die Menschheit, Liebe, die nicht beim ersten Windhauch vergeht, Leben, die nicht nach mickrigen 70 oder 80 Jahren enden müssen und ein großer Clan, in dem ich eingebunden bin.
That’s why i write novels :-)